Regionale Strategie für Gewerbeflächen

08.10.2018

Die Eckpunkte der regionalen Gewerbeflächen-Strategie

Ein Schwerpunkt der Strategie ist die Entwicklung eines sogenannten „Vorhaltestandorts“ gemeinsam mit Kommunen aus der Region. Er soll den Unternehmen für regionalbedeutsame Investitionen zeitnah verfügbar sein, mindestens 10-20 Hektar groß sein und eine gute Standortqualität und Infrastruktur aufweisen. Aktuell werden dafür Möglichkeiten und Rahmenbedingungen einer regionalen Beteiligung geprüft. Zudem bietet die Region eine einzelfallbezogene Beratung und Unterstützung an, damit die Kommunen bereits eingeplante Flächen in regionalbedeutsamen Gewerbeschwerpunkten und im Innenbereich zur Baureife bringen. Darüber hinaus brachte Dr. Walter Rogg, Geschäftsführer der WRS, den Vorschlag in die Diskussion, ein regionales „Programm zur finanziellen Förderung der Sicherung und Aktivierung regionalbedeutsamer Gewerbeflächen auch im Bestand“ aufzulegen. Damit finanziert werden könnten Untersuchungen und Pilotmaßnahmen, unter anderem für die Entwicklung von strategischen regionalen Vorhaltestandorten und zur Reaktivierung regionalbedeutsamer Brachflächen. Es soll in den Jahren 2019 bis 2023 insgesamt ca. drei Millionen Euro umfassen. Dr. Rogg betonte, dass in diesem Zeitraum „im Rahmen der wirtschaftlichen Transformation wesentliche Standortentscheidungen für die Zukunft der Region Stuttgart anstehen“. Er plädiert daher für einen Beschluss bereits im nächsten Wirtschaftsausschuss Ende November.    

Für alle Kommunen werden Angebote zum Erfahrungsaustausch und vertiefte Informationen bereitgestellt, unter anderem zur aktuellen Marktsituation und der Bedarfslage. Beispielsweise kann das Immobilienportal Region Stuttgart so auch als „Innenentwicklungsbörse“ Zwischennutzungen und Entwicklungsflächen im Bestand vermitteln. Ebenso planen der Verband Region Stuttgart und die WRS eine gemeinsame Fachveranstaltung zur Flächenaktivierung Gewerbe für die Kommunen für Dezember.

Ein weiterer Kernpunkt der Strategie wird ein regionaler Gewerbeflächendialog der Region sein. Er ergänzt die bisherigen Gesprächsrunden um einen regelmäßigen fachlichen Austausch von Experten aus Verbänden, Wirtschaft, Wissenschaft, Kommunen, Politik und der Öffentlichkeit. Daraus werden, unter Berücksichtigung neuer Arbeits- und Produktionsformen, Szenarien für den zukünftigen Bedarf als Bewertungsgrundlagen für Politik und Verwaltung entwickelt. Ebenfalls sollen sich Modellprojekte für die Umsetzung ableiten.

Stimmen aus der Regionalversammlung

Das vorgeschlagene Förderprogramm erhielt grundsätzlich breite Zustimmung der Fraktionen. Jedoch möchte die Fraktion „Grüne“ darüber noch vertiefter diskutieren. Die Bereitstellung von Gewerbeflächen sei „ein Thema der Zukunftsfähigkeit der Region“, meint Andreas Koch (CDU). „Ich bin mir über die Grenzen des regionalen Handelns bewusst. Aber wir kommen mit Kirchturmdenken nicht weiter, auch wenn die Kommunen das Heft in der Hand haben“. Die Region müsse daher den intensiven Dialog mit den Kommunen suchen. Dorothee Kraus-Prause (Grüne) hält die Flächeninanspruchnahme in der Region Stuttgart für eine „Herausforderung“ und befürwortet die Aktivierung planerisch bereits gesicherter Flächen. „Eine doppelte Flächenbereitstellung führt langfristig zu Brachen“, so Kraus-Prause. Zur Entwicklung eines Vorhaltestandorts wünscht sie noch weitere Informationen. Wenn man Arbeitsplätze haben will, brauche man dafür Flächen, sagte Jürgen Kessing (SPD), auch für Wohnraum in der Nähe. „Es ist nun allerhöchste Eisenbahn“. Wichtig sei es jedoch auch, die Menschen in der Region zu überzeugen und mitzunehmen. Gerd Maisch (Freie Wähler) hält es nicht ausreichend, Flächen nur aus dem Bestand zu entwickeln. Eine Umsetzung gehe nur in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen: „Vor Ort weiß man, wo die Probleme liegen“. Peter Rauscher (Linke) lehnte eine weitere Flächeninanspruchnahme ab und setzt auf eine Revitalisierung von Brachen. Albrecht Braun (FDP) hält eine rasche Umsetzung für entscheidend. „Wer nicht sät, wird auch nicht ernten“. Stephan Schwarz (AfD) fragt nach Möglichkeiten, Gewerbe statt in die Fläche auch in der Höhe anzusiedeln. Ulrich Deuschle (Innovative Politik) hält es für wichtig, den wirtschaftlichen Spitzenplatz der Region Stuttgart beizubehalten.

Als Bestandteil der regionalen Gewerbeflächen-Strategie hat der Planungsausschuss im September bereits ein „Aktionsprogramm Gewerbeflächen“ beschlossen. Es sieht vor, dass der Verband Region Stuttgart vor allem Kommunen mit größeren Flächenreserven intensiver bei ihren Planungsverfahren beraten soll, um vorhandene Potentiale, vor allem im Innenbereich, zu nutzen. Zudem soll sondiert werden, ob die Ausweisung weiterer regionalbedeutsamer Gewerbeschwerpunkte im Regionalplan möglich ist. In seinen Netzwerken wirbt der Verband für eine leichtere und beschleunigte Bereitstellung von Gewerbeflächen und tauscht sich auch auf europäischer Ebene dazu aus.

Der Regionalplan sieht genügend Flächen für Gewerbeansiedlungen vor, diese werden aber von Städten und Gemeinden nicht im erforderlichen Umfang baureif entwickelt. Es fehlt vor allem an zeitnah verfügbaren, wettbewerbsfähigen Flächenarealen, die sich für größere Gewerbeansiedelungen eigenen. Nach einer Analyse der WRS werden in den nächsten Jahren in der Region Stuttgart jeweils rund 110 ha an neuen Gewerbeflächen benötigt. Sie sollen unter anderem Investitionen ermöglichen, die der technologische und wirtschaftliche Wandel mit sich bringt und die dem Aufbau neuer Geschäftsfelder dienen. Eine Befragung von 38 Experten aus Unternehmen, Verbänden, der Immobilienwirtschaft und der Wirtschaftsförderung ergab, dass Digitalisierung, Elektromobilität und neue Mobilitätskonzepte bereits jetzt, aber auch in den kommenden Jahren wichtige Standortentscheidungen der Unternehmen erfordern. Und diese fallen nur zugunsten der Region Stuttgart aus, wenn geeignete wettbewerbsfähige Flächen verlässlich und möglichst zeitnah zu Verfügung stehen. Mit freiwerdenden Flächen infolge des Strukturwandels sei kurzfristig nicht zu rechnen, denn Flächen für neue Produktionsabläufe werden früher benötigt als sie durch den Wandel möglicherweise frei werden, meinten die Experten.